FEST DER HL. FAMILIE
1. Sonntag nach Weihnachten

29. Dezember 2013

Evangelium nach Matthäus (2, 13-15.19-23

Gedanken zum Fest

Das Fest der Heiligen Familie ist relativ jung. 1920 wurde es eingeführt und 1969 auf den Sonntag nach Weihnachten festgelegt. Man wollte die Familie stärken und ihr Kraft verleihen, indem man sie vom Standpunkt des Glaubens betrachten wollte.

Das Wenige, das wir aus der Bibel von der Familie aus Nazareth wissen, zeigt uns eine Familie, die mit vielen Problemen zu kämpfen hatte. Josef und Maria waren verlobt, was damals einer Ehe gleich kam, nur dass sie noch nicht zusammen gezogen waren. Da merkte Josef, dass Maria schwanger war. Eine Ehekrise. Josef überlegt, sich von Maria zu trennen.

Die Geburt ihres Kindes fand nicht unter den besten Bedingungen statt. Über viele Jahre hatte die Familie keinen festen Wohnsitz: Bethlehem, Ägypten, Armut, Flüchtlingsdasein. Zurück in Nazareth sichert Josef ihre Existenz als Handwerker.

Das Verhalten von Jesus als zwölfjähriger Jugendlicher, während der Wallfahrt zum Tempel in Jerusalem, lässt uns ahnen, dass Maria und Josef es nicht nur leicht mit ihrem Jesus hatten. Und als Jesus als Erwachsener predigend durch die Gegend zieht, will seine Familie ihn nach Hause zurückholen, denn sie glaubten „er ist von Sinnen“. Jesus durchbricht die Vorstellung des üblichen Familienideals: „Wer sind meine Mutter, meine Brüder, meine Schwester? Das sind alle, die den Willen Gottes tun.“ D.h.: eine Familie, die nur für sich selbst lebt, sollte ihren Horizont weiten: Sie soll sich selbst als einen Teil der großen Glaubensgemeinschaft betrachten und so auch leben. Sonst handelt es sich nur um Familienegoismus.

Das heutige Bild der Familie hat sich von Sippenverband zur Großfamilie, Kleinstfamilie, Ehepaare ohne Kinder, allein erziehende Mütter oder Väter, Patchwork-Familie entwickelt. Und seit kurzem will man in Europa andere Formen des Zusammenlebens mit der Familie gleichstellen. Findet da nicht eine große Entwertung statt? Müssen wir, als Christen, nicht den tiefen Wert der Familie neu entdecken und verteidigen? Es geht hier um Lebenswerte, die verloren zu gehen drohen.

Ein Mensch ist ein Gemeinschaftswesen, kann allein, auf sich gestellt nicht existieren. Er braucht nicht nur materielle Unterstützung wie Nahrung und Kleidung, sondern auch Anerkennung, Angenommen-Sein, und so Geborgenheit und Wärme. Das bekommen wir in der Familie – oder auch nicht. Hier werden die Grundsteine für unser ganzes Leben gelegt – oder auch nicht. Hier lernen wir, welchen Wert Beziehungen haben. Füreinander das Gute wollen und erstreben ist eine Grundeinstellung, die man in der Familie lernt. Solidarität, einander Respektieren, miteinander Teilen, Rücksicht nehmen auf einander, Nächstenliebe, lernt ein Kind zuallererst innerhalb der Familie. Und wenn es diese Erfahrungen dort nicht gemacht hat, wird es diese Lebenswerte später nur mühsam leben können. Wie soll man später fähig sein den eigenen Partner, die Partnerin zu respektieren, wenn man nicht gelernt hat die eigenen Eltern und Geschwister zu respektieren, in Frieden miteinander zu leben, Kompromisse miteinander zu schließen und hier und dort die eigenen Wünsche hintanzustellen?

In den Zehn Geboten heißt es: Vater und Mutter ehren. Dieses Gebot ist nicht an kleine Kinder gerichtet, die ihren Eltern gehorchen sollen. Gemeint sind hier die Eltern dieser Kinder, die erwachsenen Söhne und Töchter, die mittlere Generation, die selbst Familie und Gesellschaft gestaltet. Ihnen wird aufgetragen, ihre Väter und Mütter zu „ehren“, also ihnen Anerkennung, Achtung, den gebührenden Respekt zu erweisen, gerade wenn bei alt gewordenen Eltern, die physischen und geistigen Fähigkeiten nachgelassen haben. Später, wenn ihre eigenen Kinder dies so gesehen und mitbekommen haben, werden sie das Gute, das sie ihren eigenen Eltern erwiesen haben, durch ihre eigenen Kinder zurückbekommen.

Die Familie ist im vollen und eigentlichen Sinn die Keimzelle unserer Gesellschaft, Keimzelle der Wertevermittlung und der Glaubensweitergabe. Das ist ihre Aufgabe und ihr Sinn.

Die heilige Familie, Jesus, Maria und Josef, deren Fest wir heute feiern, hatte einen großen, inneren Reichtum: Eine innige Beziehung zu Gott. Sie waren auf Gott ausgerichtet. Diese Religiosität und diesen Glauben haben sie ihrem Sohn vermittelt, vorgelebt und mitgegeben. So ist diese Hl. Familie ein Vorbild für die heutige christliche Familie.

Nicht ohne Grund wird gesagt: Der Tod der Menschlichkeit, der Liebe und des Friedens - der innere Kältetod - rückt näher, wenn der Wert der Familie de facto stirbt. Oder wie es eine Volksweisheit aus Ghana sagt: „Geht ein Volk zu Grunde, fängt es in den Familien an.“

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